Aktuelles

Update zur deutschen Investitionskontrolle

Seit dem 1. Mai 2021 sind die jüngsten Anpassungen des deutschen Investitionskontrollrechts in Kraft. Die Investitionskontrolle hat in der jüngeren Vergangenheit eine atemberaubende Entwicklung genommen. Vielfach sind Unternehmen und auch Beratern die strengen Anforderungen der Investitionskontrolle nicht bewusst. Eine verpasste Meldepflicht kann jedoch signifikante Auswirkungen haben. Mit diesem Beitrag wollen wir einige der Elemente herausstreichen, welche die Investitionskontrolle zum unverzichtbaren Bestandteil des Transaktionsgeschäft machen.

Grundlagen

Die Grundlagen für die deutsche Investitionskontrolle finden sich in den entsprechenden Regelungen des Aussenwirtschaftsgesetz und der Aussenwirtschaftsverordnung sowie in einigen Runderlassen, die einige der praktischen Fragen der Kontrolle näher darstellen. Das Ziel der Investitonskontrolle ist es dabei, solche Erwerbsvorgänge zu kontrollieren und ggf. zu untersagen, die eine mögliche Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung oder deutscher Sicherheitsinteressen darstellen können. Die Kontrolle richtet sich daher insbesondere an EU-Ausländer. In bestimmten Fällen können jedoch auch Erwerbsvorgänge durch europäische oder auch deutsche Unternehmen prüfbar sein.

Umfang der prüfbaren Erwerbsvorgänge

Der Umfang der prüfbaren Erwerbsvorgänge wurde fortlaufend ausgeweitet. Tatsächlich sind alle Transaktionen prüfbar, bei denen ein Unionsfremder unmittelbar oder mittelbar 25% oder mehr der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen erwirbt. Dieser Grundsatz gilt sektorenunabhängig. Die Eingriffsmöglichkeiten sind damit außerordentlich weit. Problematisch ist insbesondere, das entsprechende Transaktionen bis zu 5 Jahre nach Unterzeichnung des schuldrechtlichen Vertrags vom BMWi aufgegriffen werden und - soweit die Voraussetzungen dafür vorliegen - auch untersagt werden können. Gerade auch vor diesem Hintergrund hat bereits seit längerer Zeit die Anzahl an Anträgen auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung erheblich zugenommen. Denn nur auf diesem Wege lässt sich einer Prüfung auch noch Jahre nach Abschluss der Transaktion rechtssicher entgehen.

Ausweitung der relevanten Fallgruppen

Im Zuge der Novellierungen wurden insbesondere auch weitere relevante Fallgruppen zur Investitionskontrolle hinzugefügt. Die prüfungsrelevanten Sektoren und Technologien der sektorübergreifenden Prüfung sind nun vollständig im neuen § 55a AWV dargestellt. Soweit das Zielunternehmen daher in einem der dort aufgelisteten Sektoren oder Technologien tätig ist, besteht eine unverzügliche Meldepflicht. Darüber hinaus haben die Fallgruppen des § 55a AWV eine Indizwirkung im Hinblick auf eine mögliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit. Zu den neuen Sektoren gehören etwa die Bereiche künstliche Intelligenz, Robotik, Cybersicherheit, Luft- und Raumfahrt sowie Quanten- und Nukleartechnologie. Aufgrund der thematischen Breite der Sektoren sollte im Einzelfall stets die Anwendbarkeit der Investitionskontrolle geprüft werden, soweit ein Unionsfremder an der Transaktion beteiligt ist. Je nach betroffenem Sektor wurden auch die relevanten Schwellenwerte für eine Prüfung angepasst. In den Fallgruppen der § 55a Abs. 1 Nr. 1 bis 7 AWV ist eine Transaktion bereits ab einem Stimmrechtserwerb von 10% prüfbar. In den Fallgruppen der § 55a Abs. 1 Nr. 8 bis 27 AWV gilt dies bereits ab 25 %. Darüber hinaus wurden weitere Schwellenwerte für erneute Erwerbsvorgänge eingeführt. Sofern diese Schwellenwerte daher bei einer Folgetransaktion überschritten werden, gilt erneut eine Meldepflicht und der Hinzuerwerb muss erneut eine Investitionskontrolle durchlaufen.

In den §§60 ff AWV ist darüber hinaus die sektorspezifische Prüfung abgebildet, die sich mit einem neuen Fokus auf den Geheimnisschutz ebenfalls verschärft hat. Betroffen ist hier insbesondere der Verteidigungs- bzw. Rüstungssektor, Wehrtechnik und bestimmte IT-Sicherheitsprodukte und -Infrastruktur. In diesem Bereich ist jeder Erwerb meldepflichtig. Im Weiteren fokussieren wir unsere Darstellung jedoch auf die häufiger praxisrelevanten Fälle der sektorübergreifenden Prüfung.

Meldepflicht, Vollzugsverbot und Verbot der Informationsweitergabe

Soweit eine Meldepflicht vorliegt, ist das dahinterliegende Rechtsgeschäft zunächst schwebend unwirksam. Darüber hinaus gilt bis zur Freigabe der Transaktion ein Vollzugsverbot. Das Vollzugsverbot wird weiterhin flankiert von dem Verbot der Weitergabe unternehmensbezogener Informationen an den Unionsfremden, soweit sich diese Informationen auf die Unternehmen oder Unternehmensteile beziehen, aufgrund derer eine Meldepflicht besteht. Die Investitionskontrolle hat insoweit nicht nur Auswirkungen auf das Timing einer Transaktion und die Transaktionssicherheit, sondern auch auf den möglichen Informationsfluss zwischen Erwerber, Veräußerer und Zielgesellschaft, der zwingend zu beachten ist. Verstöße gegen die Untersagung der Informationsweitergabe oder das Vollzugsverbot können bei vorsätzlicher Begehung strafrechtlich, bei fahrlässiger Begehung ordnungswidrigkeitenrechtlich verfolgt werden. Hier sind insofern gerade die Berater der Unternehmen gefragt, ihre Mandanten aber auch sich selbst zu schützen.

Besonderheiten der Stimmrechtszurechnung

Erhebliche Besonderheiten gibt es im Bereich der Stimmrechtszurechnung. So werden nicht nur Fälle des vertraglichen oder faktischen Stimmrechtspooling erfasst. Zugerechnet werden dem Erwerber auch solche Anteile an der inländischen Zielgesellschaft, die von einem Dritten gehalten werden, an dem der Erwerber ebenfalls Stimmrechte in relevanter (10%/20%/25%) Höhe hält. Besondere Vorsicht ist daher bei Transaktionen geboten, bei denen eine vermeintliche Meldepflicht nur an der relevanten Erwerbsschwelle scheitert. In diesem Fall sollten unbedingt eventuelle Stimmrechtszurechnungen von Dritten geprüft werden.

Konzerninterne Sachverhalte

Gute Nachrichten hat es zuletzt für rein konzerninterne Sachverhalte gegeben. Waren diese doch anders als im Kartellrecht nicht von einer Kontrolle freigestellt, gilt nun mit § 55 Abs. 1b AWV eine Ausnahmeregelung für den Bereich der sektorübergreifenden Investitionskontrolle. Danach hat die Behörde kein Prüfrecht, wenn der Erwerb ausschließlich zwischen zwei Unternehmen vorgenommen wird, deren Anteile jeweils vollständig von demselben herrschenden Unternehmen gehalten werden.

Gerade auch im Bereich der Prüfungsfristen und der praktischen Abläufe haben sich in der Vergangenheit weitere Änderungen ergeben, die auch durch die Etablierung des europäischen Kooperationsmechanismus in der Investitionskontrolle bedingt sind.

Sollten Sie weitergehende Fragen zur Investitionskontrolle haben, sprechen Sie gern einen unserer Rechtsanwälte an.