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Lieferkettensorgfaltspflichten: Kooperationen können die LkSG-Umsetzung erheblich erleichtern

Seit Anfang 2023 gilt in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Was vielen Unternehmen nicht bewusst ist: Sie können mit anderen Unternehmen – auch mit Wettbewerbern – zusammenarbeiten und damit die Umsetzung des LkSG erheblich erleichtern. Das Kartellrecht steht dem nicht grundsätzlich im Wege. Erfolgsentscheidend sind Initiative und ein planvolles Vorgehen.

Es ist soweit – die neue Welt der Lieferkettensorgfaltspflichten ist da

Mit dem hehren Ziel der Verbesserung des Schutzes der Umwelt und der Menschenrechte in Lieferketten bürdet das LkSG Unternehmen erhebliche Mehrbelastungen auf: Seit Anfang 2023 müssen Unternehmen mit (i) Hauptverwaltung, Hauptnieder- lassung, Verwaltungssitz, satzungsmäßigem Sitz oder Zweigniederlassung in Deutschland und (ii) 3.000 oder mehr Mitarbeitern im Inland bestimmte lieferkettenbezogene, im LkSG näher beschriebene „Sorgfaltspflichten“ erfüllen.

LkSG-Lieferkettensorgfaltspflichten (Beispiele):

- Einrichtung eines lieferkettenbezogenen Risikomanagements und Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen

- Interne und externe Präventions- und Abhilfemaßnahmen zur Behandlung von Risiken für Menschenrechte und Umwelt

- Interne Zuständigkeitsregelungen und Grundsatzerklärungen, Einrichtung von Beschwerdeverfahren, Dokumentation und Berichterstattung

Schon vor Inkrafttreten des LkSG in Deutschland gab es gesetzliche, allerdings nur sektorspezifische Regelungen zu Lieferkettensorgfaltspflichen (z.B. die EU-Verordnung über Mineralien aus Konfliktgebieten aus 2017); das LkSG formuliert nunmehr Lieferkettensorgfaltspflichten sektorübergreifend.

Ab 2024 gilt das LkSG dann auch für Unternehmen mit 1.000 oder mehr Mitarbeitern und ab 2025 könnte eine EU-Richtlinie zu Lieferketten- sorgfaltpflichten (Corporate Social Responsibility Due Diligence Directive – CSRDD Directive) hinzutreten, die noch weitergehende Sorgfalts- pflichten in Deutschland und der übrigen EU einführt.

Schnelle Entwicklung von Lieferkettensorgfaltspflichten:

- bis 2022: Einzelne Regelungen zu Lieferketten- sorgfaltspflichten, begrenzt auf bestimmte Sektoren, z.B. Konfliktmineralien und Holz

- ab 2023: Einführung von Lieferkettensorgfaltspflichten durch das LkSG für Unternehmen mit Sitz / Niederlassung in Deutschland und ≥ 3.000 MA

- ab 2024: Erweiterung der LkSG-Lieferkettensorgfaltspflichten auch für Unternehmen mit lediglich ≥ 1.000 MA

- ab 2025 (vorauss.): Weitergehende Sorgfaltspflichten durch CSRDD Directive, u.a. für Unternehmen mit nur ≥ 250 MA

Das LkSG hat für Unternehmen einen erheblichen Umsetzungsaufwand zur Folge

Das LkSG macht zahlreiche Vorgaben, wie Unternehmen unternehmensinterne Prozesse, Richtlinien und Strukturen ändern müssen. Viele dieser Vorgaben lassen sich alleine oder bilateral im Austausch mit unmittelbaren Zulieferern umsetzen, manche Vorgaben sind aber so weitreichend, dass es noch umfassenderer Anstrengungen bedarf.

Unternehmen dürfen kooperieren, um Probleme der LkSG-Umsetzung zu meistern

Das LkSG spricht sogar explizit von „Brancheninitiativen“ und „Branchenstandards“, die LkSG-pflichtige Unternehmen mit anderen Unternehmen vereinbaren können (und u.U. sogar müssen):

§ 7 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 LkSG (Auszug):

„Ist die Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht bei einem unmittelbaren Zulieferer so beschaffen, dass das Unternehmen sie nicht in absehbarer Zeit beenden kann, muss es unverzüglich ein Konzept zur Beendigung oder Minimierung erstellen und umsetzen … Bei der Erstellung und Umsetzung des Konzepts sind insbesondere folgende Maßnahmen in Betracht zu ziehen: … der Zusammenschluss mit anderen Unternehmen im Rahmen von Brancheninitiativen und Branchenstandards, um die Einflussmöglichkeit auf den Verursacher zu erhöhen …“ (Hervorhebung durch den Verfasser; vgl. ähnliche Maßnahme ggü. mittelbaren Zulieferern gem. § 9 Abs. 3 Nr. 2 LkSG)

Die hier erwähnten Brancheninitiativen und Branchenstandards umfassen natürlich auch die Zusammenarbeit mit Wettbewerbern. Der Anlass ihrer Zusammenarbeit ist die Verletzung einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht bei einem unmittelbaren Zulieferer, die „… nicht in absehbarer Zeit beendet [werden] kann“. Es gibt aber durchaus noch weitere mögliche Anlässe für eine Zusammenarbeit mit Wettbewerbern im Kontext der Umsetzung des LkSG, z.B.:

  • Wettbewerber kaufen gemeinsam ein, haben eine gemeinsame Logistik oder arbeiten auf andere Weise so zusammen, dass eine Verständigung zu LkSG-Maßnahmen gegenüber gemeinsamen Zulieferern zwingende Voraussetzung für ihr LkSG-konformes Handeln ist.

  • Wettbewerber wollen ein gemeinsames Verständnis von Inhalt und Reichweite der LkSG-Regelungen erzielen und erarbeiten daher – etwa im Rahmen der gemeinsamen Verbandarbeit – bestimmte Best Practices, welche die LkSG- Vorgaben hinreichend sicher erfüllen.

Kartellrechtliche Vorgaben sind bei der LkSG-Zusammenarbeit zu beachten

Die Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern darf nicht gegen das Kartellrecht verstoßen. Das gilt generell und auch im Kontext der LkSG-Umsetzung. Die kartellrechtlichen Maßgaben richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Wesentliche Unterschiede gelten z.B. insbesondere dann, wenn Wettbewerber in einer umfassenden LkSG- Brancheninitiative zusammenarbeiten oder sich „nur“ im Kontext einer anderen Kooperation, z.B. im Rahmen des gemeinsamen Einkaufs, über LkSG- Themen austauschen müssen. Es gibt aber Hinweise zum praktischen Verhalten, welche die Einhaltung kartellrechtlicher Regeln unterstützen.

Kartellrechtliche Empfehlungen bei der Zusammenarbeit:

  1. Definition von Ziel und Umfang der Zusammenarbeit, die im Rahmen der gemeinsamen LkSG-Umsetzung stattfinden soll (z.B. in einer Absichtserklärung)

  2. Ermittlung der kooperationsnotwendigen Informationen und wie sie ausgetauscht werden (z.B. über neutrale Dritte)

  3. Festlegung von konkreten kartellrechtlichen „Dos & Don’ts“, die folgende Zwecke verfolgen:
  • Keine LkSG-Zusammenarbeit als bloßer „Deckmantel“ für eindeutig kartellrechtswidriges Verhalten

  • Kein „überschießender“ Austausch sensibler Informationen, die nicht kooperationserforderlich sind
  1. Verpflichtung zur Einhaltung der kartellrechtlichen Vorgaben und zur Wahrung der Vertraulichkeit

Sie haben Fragen zum LkSG oder zur Zusammenbarbeit mit anderen Unternehmen bei der Umsetzung des LkSG? Melden Sie sich bei uns.

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